Von Yassine Ammar

Die Besonderheit des Begriffs der Geldwäschekriminalität im tunesischen Recht

Zelle-Strafvollzug

 

Yassine Ammar ist Richter und wissenschaftlicher Mitarbeiter am Zentrum für juristische und gerichtliche Studien (Centre d’études juridiques et judiciaires/CEJJ) in Tunis.

 

Die Kriminalität hat eine beispiellose Entwicklung erlebt und die Ländergrenzen längst überschritten. Auch blüht sie mit der fortschreitenden technologischen Entwicklung regelrecht auf. Für Staaten führt kein Weg mehr daran vorbei, dieses Phänomen gemeinsam zu bekämpfen, da die Kriminalität Formen angenommen hat, deren Bekämpfung die Fähigkeiten einzelner Staaten oft übersteigen.

 

Die Kriminalität hat sich von bloßen Einzeltaten zu organisierten Aktivitäten entwickelt, die von gut strukturierten Organisationen geleitet werden. Sie verfügt über das Potenzial, immense Gewinne zu erzielen, die sie nach Vortäuschung einer legalen Herkunft wiederum investiert, um sie in den Wirtschaftskreislauf einzuführen.

In diesem Zusammenhang ist von einem vergleichsweise jungen Delikt die Rede, der Geldwäsche, die die Wirtschaft ganzer Länder bedroht und deren Bekämpfung einen erheblichen Aufwand erfordert. Staaten setzen sich dagegen zur Wehr, indem sie internationale Abkommen abschließen und abschreckende Gesetze verabschieden, die darauf abzielen, aus Straftaten erworbenes Geld aufzuspüren und die Täter zu verfolgen.[1]

Der tunesische Gesetzgeber hat in diesem Zusammenhang mit dem Gesetz Nr. 2003-75 vom 10. Dezember 2003 über die Unterstützung der internationalen Bemühungen zur Terrorismusbekämpfung und Geldwäscheprävention ebenfalls seinen Beitrag geleistet.

Eine weitere Maßnahme sind die Ratifizierung internationaler oder regionaler Abkommen zur Korruptionsbekämpfung und auch der Erlass einer Reihe von Antikorruptionsgesetzen. All dies mündete schließlich in einem neuen Geldwäschegesetz, dem Gesetz Nr. 2015-26 vom 7. August 2015, das zudem durch das Organgesetz Nr. 2019-9 vom 23. Januar 2019 überarbeitet worden ist.

Die Betrachtung dieser Texte offenbart ihr gemeinsames Ziel, die Korruption in all ihren Formen zu bekämpfen. In diesem Zusammenhang ist anzumerken, dass das Delikt der Geldwäsche eine Form der Manifestation von Korruption ist, wie der Gesetzgeber in mehreren Normen betont.[2]

Es existieren zahlreiche Gesetzestexte über Geldwäsche. Ihre Einordnung durch den Gesetzgeber hat sich mit der erlassenen Gesetzesreform weiterentwickelt. Diese Änderungen basieren auf den Erkenntnissen der Rechtsprechung und den diesbezüglichen internationalen Entwicklungen in der Gesetzgebung. Angesichts all dieser Umwälzungen in der Justiz ist es wichtig, dieses Delikt näher zu beleuchten, um den Begriff selbst zu erläutern und die wesentlichen Elemente der tunesischen Gesetze in diesem Kontext zu erklären.

Die Rechtsprechung definiert Geldwäsche als „jede Transaktion, die darauf abzielt, Geldern, die aus einer illegalen Quelle stammen, den Anschein von Legitimität zu verleihen“[3] und ist bisher nicht von dieser Definition abgewichen.[4] Geldwäsche ist eine der schwersten Straftaten gegen die nationale und auch internationale Wirtschaft, da sie das Ziel der Straftäter verwirklichen soll, von den Erträgen krimineller Handlungen zu profitieren, nachdem ihnen der Anschein der Legalität verliehen wurde.

Dies wiederum öffnet der Korruption Tür und Tor. Die Rechtsprechung bezeichnet diesen Vorgang als Geldwäsche (ar. ‚Geld weißeln‘),[5] um den Begriff vom Schwarzgeld zu unterscheiden, bei dem es sich genau umgekehrt verhält, da hier legaler Erwerb zur Durchführung krimineller Handlungen verwendet wird. Daraus folgt, dass das Delikt der Geldwäsche eine vorherige kriminelle Aktivität erfordert, durch die Geld gewonnen wurde. Anschließend wird versucht, diesem Geld einen legitimen Anschein zu verleihen.

Die tunesische Justiz betrachtet das Delikt der Geldwäsche als komplexe Straftat gemäß Artikel 2 des Ordnungsgesetzes Nr. 77 vom 12.06.2016 über Wirtschafts- und Finanzrecht.[6] Wie bei anderen Straftaten sind aus rechtlicher Sicht drei Elemente erforderlich: der rechtliche, materielle und immaterielle Aspekt.

In Bezug auf den rechtlichen Aspekt ist die Entwicklung auf gesetzgeberischer Ebene zu beachten, da das Gesetz Nr. 75 von 2003 durch das Gesetz Nr. 26 von 2015 aufgehoben wurde, das die Geldwäsche kriminalisiert und unter Strafe gestellt hat. Danach handelt es sich um eine vorsätzliche Straftat, die eine allgemeine wie auch besondere kriminelle Intention erfordert. Ihre Besonderheit ist jedoch das Vorhandensein einer besonderen Vortat (Teil 1).

Auch ihr materieller Aspekt zeichnet sich im Vergleich zu anderen Straftaten durch eine Reihe von Besonderheiten aus: Es ist bekannt, dass der materielle Aspekt eines jeden Delikts zunächst ein physisch fassbares Verhalten voraussetzt, das die rechtlich geschützten Interessen angreifen will und sich in der Tat manifestiert. Zweitens der sogenannte „Erfolg“, also die eben erwähnte Rechtsverletzung, wobei besonders die Bestimmungen zur versuchten Straftat zu beachten sind.

Drittens muss ein kausaler Zusammenhang zwischen dem physischen kriminellen Verhalten und dem sogenannten „Erfolg“ gegeben sein. Das materielle Element der Geldwäsche erfordert indes eine besondere Handlung (Teil 3), das illegal erworbenes Vermögen zum Gegenstand hat (Teil 2).

1. Das Anlassdelikt

Das Hauptmerkmal, das das Verbrechen der Geldwäsche auszeichnet, ist die illegale Geldquelle, da die falsche Deklaration letztendlich bedeutet, dass die Geldquelle illegaler Natur ist. Dies ist der Fall, wenn es sich um eine kriminelle Handlung handelt, die mit einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren geahndet wird oder die unter die Verstöße gegen Zollbestimmungen fällt. Die Rechtsprechung bezeichnet diese kriminelle Handlung als Vortat oder Anlassdelikt.[7]

In diesem Zusammenhang mag zunächst die Frage aufkommen, warum der Gesetzgeber die beiden genannten Kriterien zur Voraussetzung gemacht hat, um eine Geldquelle als illegal zu charakterisieren. Weiterhin ist zu hinterfragen, ob das Anlassdelikt eine lediglich gesetzlich festgelegte oder durch ein Gericht festgestellte Straftat sein muss.

Im Jahr 2015 hat der Gesetzgeber den Begriff der Rechtswidrigkeit der Geldquelle präzisiert, indem er diese beiden neuen Voraussetzungen des Straftatbestands der Geldwäsche hinzufügte, die in Artikel 62 des Gesetzes von 2003 nicht vorhanden waren. Der Gesetzgeber ist damit bei der Ausarbeitung der Merkmale der Vortat vom sog. All-Crime-Ansatz zum gemischten Ansatz übergegangen, wobei letzterer eine Kombination aus dem Listenansatz und dem Schwellenansatz ist.[8]

Grund für diese Festlegung ist, dass Straftaten ausgeschlossen werden sollten, bei denen kein nennenswerter finanzieller Gewinn erzielt wurde bzw. keine schwere Gefährdung besteht, sodass sie vernachlässigt werden können.[9] Zudem ist diese Wahl auch darauf zurückzuführen, dass nur selten Straftaten im Strafgesetzbuch mit weniger als drei Jahren geahndet werden können.

Andererseits räumt der Gesetzgeber für den ersten Fall eine „Ausnahme“ ein, indem er Vergehen gegen Zollbestimmungen mit einem geringeren als dem oben genannten Strafmaß mit einschließt, um den Tatbestand der Geldwäsche auch auf diese Art von Vortaten auszuweiten, die wie z. B. Schmuggel volkswirtschaftlich schwerwiegende Straftaten darstellen.[10]

Die Rechtspraxis zeigt, dass „verunreinigtes“ Geld häufig das Ergebnis von Bestechung, Unterschlagung, Drogen- oder Waffenhandel ist.[11] Bei der Art der Bestrafung scheint der Gesetzgeber die gesetzliche Bestrafung vorzusehen, da sie dem Gleichheitsgebot unterliegt, und um sich vom Prinzip der Individualisierung der Bestrafung zu entfernen, das eine Bestrafung nach den Tatumständen und den persönlichen Umständen des Beschuldigten vorsieht.

Der tunesische Gesetzgeber erklärt im Gesetz von 2015 – im Gegensatz zum Gesetz von 2003 – die Unabhängigkeit des ‚Anlassdelikts‘ vom Tatbestand der Geldwäsche, um die Strafbarkeit zu erweitern. Dies zeigt sich daran, dass der Tatort des Anlassdelikts nicht ausschlaggebend ist. Der Tatbestand der Geldwäsche ist auch dann erfüllt und muss somit verfolgt werden, wenn das Anlassdelikt außerhalb des tunesischen Territoriums begangen worden ist. Dieses Umdenken ist eine Angleichung an die internationale Entwicklung in dieser Hinsicht[12] und soll sicherstellen, dass derartige Gelder unabhängig von ihrem Aufbewahrungsort verfolgt werden.[13]

Die Rechtsprechung mag hinterfragen, welche Folgen die erwähnte Unabhängigkeit zwischen den beiden Straftaten und deren Umfang hat, insbesondere im Hinblick auf die gerichtliche Feststellung des Anlassdelikts. Es ist allgemein bekannt, dass eine Tat juristisch gesehen nur dann als Straftat gilt, wenn sie verfolgt und eine endgültige verurteilende Gerichtsentscheidung diesbezüglich gefällt wird.

Wenn nun das Delikt der Geldwäsche unabhängig von der ursprünglichen Tat besteht, kann dies dazu führen, dass der Ausgang der Ermittlungen in der ersten Strafsache nicht abgewartet wird. Demnach stellt sich folgende Frage: Kann ein Geldwäschedelikt auch dann vorliegen, wenn im Anlassdelikt kein Gerichtsverfahren stattgefunden hat?

Die Unabhängigkeit des Anlassdelikts vom Tatbestand der Geldwäsche hat zu einer breiten Kontroverse geführt, zumal dies prozessuale Dimensionen hat, die die Grundpfeiler eines fairen Verfahrens betreffen. Dies betrifft einerseits die Unschuldsvermutung des Angeklagten und andererseits den Grundsatz des Verbots der Mehrfachbestrafung wegen einer Tat.

Die oben genannte Kontroverse zeigt sich insbesondere bei der Anwendung des Gesetzes Nr. 75 von 2003, da die gerichtlichen Urteile und Entscheidungen, die in Anwendung von Artikel 62 des genannten Gesetzes erlassen wurden, voneinander abweichen und die Rechtsprechung diesbezüglich zwei Positionen einnahm.

Die erste vertritt den Standpunkt, dass die Unschuldsvermutung von der Staatsanwaltschaft verlangt, schlüssige Beweise für das Vorliegen der mutmaßlichen Vortat zu erbringen und ein rechtskräftiges Urteil dazu abzuwarten, zumal der Angeklagte bei einem Geldwäscheverfahren nicht verpflichtet ist, die Legitimität der Geldquelle zu beweisen.

Zu diesem Schluss kamen die Richter aufgrund der allgemeinen Bestimmungen des oben erwähnten Artikels 62, die sich darauf beschränkten, dass das Anlassdelikt eine Ordnungswidrigkeit oder ein Vergehen sein kann, ohne aber weitere Details festzulegen. Solange also der Gesetzgeber sich – im Gegensatz zu seinem französischen Pendant – ohne weitere Erklärung auf diesen Wortlaut beschränkt, ist es nicht möglich, nach dem Grundsatz der engen Auslegung des Strafrechts von einer Anlassstraftat auszugehen, wenn zu dieser kein rechtskräftiges Urteil vorliegt.

Die zweite Position neigt dazu, einen Beweis für das Anlassdelikt und eine rechtskräftige gerichtliche Entscheidung nicht für notwendig zu erachten. Es genüge vielmehr, dass Indizien auf das Ausgangsdelikt hinweisen. Ob diese Indizien ausreichen, hängt vom richterlichen Ermessen anhand der Aktenlage ab. Tatsächlich setzt das Prinzip der Unabhängigkeit voraus, dass die Geldwäsche nicht von den im Zusammenhang mit dem Anlassdelikt erhobenen Tatbeständen (Hafez al-Abidi, ibid., S. 19 f.) oder sogar von der Verurteilung des Täters für das Anlassdelikt abhängt.

Die Rechtsprechung bezeichnet dies als die objektive Unabhängigkeit beider Straftaten (Mohamed Kammoun, ebd., S. 166). Die Verfechter dieser Ansicht begründen ihre Position mit der allgemeinen Formulierung des oben erwähnten Artikels 62 über die Eingrenzung des Anlassdelikts (Mohamed Kammoun, ebd., S. 133).

In diesem Zusammenhang vertreten sie die Auffassung, dass das Erfordernis einer rechtskräftigen gerichtlichen Entscheidung für die Annahme des Anlassdelikts lediglich eine Ergänzung der gesetzlichen Bestimmungen sei (Mohamed Kammoun, ebd., S. 134).

Die Rechtsprechung führt die unterschiedliche Haltung der Gerichte gegenüber demselben Artikel auf die ungeschickte Formulierung von Artikel 62 des Gesetzes Nr. 75 von 2003 zurück (Mohammed Kammoun, ebd., S. 132). Allerdings scheint die Lektüre des gesamten genannten Artikels die Unabhängigkeit beider Straftaten voneinander zu bestätigen, da insbesondere der letzte Absatz besagt, dass das Verbrechen der Geldwäsche unabhängig davon vorliegt, wo es begangen wurde (Hafez al-Abidi, ebd., S. 19).

Unabhängig von dieser Frage hat der Gesetzgeber all diese Diskussionen mit dem Gesetz Nr. 26 von 2015 beendet, da er im dritten Absatz ausdrücklich betont, dass die Vortat unabhängig vom Tatbestand der Geldwäsche besteht und dass erstere „mit ausreichenden Indizien“ auch ohne die Notwendigkeit der Existenz eines rechtskräftigen gerichtlichen Urteils als bewiesen gilt.[14]

2. Das gewaschene Geld

Gegenstand der Straftat sind Gelder illegaler Herkunft, die u.a. als „Erlöse aus Korruption“ gelten.[15] Der Gesetzgeber legt die Beschaffenheit dieser Vermögenswerte in Bezug auf ihre Art und Herkunft fest.

Über die Beschaffenheit heißt es, dass es sich bei diesen Vermögenswerten um bewegliche und unbewegliche Werte bzw. Einkünfte handeln kann. Bei genauerer Betrachtung dieses Details wird deutlich, dass der Gesetzgeber die im Vermögensrechtsgesetz vorgesehene binäre Einteilung der Vermögenswerte aufgab, die zwischen mobilem und immobilem Vermögen unterschied (Art. 2 dieses Gesetzes).

Dementsprechend scheint der Hinweis auf die Einkommenserklärung eine Neuerung zu sein, doch wird eine Erklärung bis auf weiteres nicht erforderlich sein, zumal es sich bei Geldwäsche zwangsläufig um bewegliche Werte handeln wird, auch wenn ein Teil der Rechtsprechung der Auffassung ist, dass die Erwähnung der Einkommenserklärung der Absicht des Gesetzgebers widerspreche, die Kriminalisierung von Geldwäschetatbeständen auszuweiten (Hafez al-Abidi, ebd., S. 17).

Auch die vom Gesetzgeber in diesem Artikel vorgenommene Einteilung der Vermögenswerte entspricht nicht der von ihm angenommenen Definition aus z. B. Artikel 3 des Gesetzes von 2015[16] oder anderen allgemeineren Texten, wie Artikel 2 des Rahmendekrets Nr. 2011-120 vom 14.11.2011 zur Korruptionsbekämpfung.[17]

Andererseits stellt der Gesetzgeber fest, dass diese Gelder direkt aus dem Anlassdelikt oder indirekt durch Veränderung ihrer Form oder Art stammen können. (Hafez al-Abidi, ebd., S. 18). Darüber hinaus bestimmt der Gesetzgeber, dass der Wert der Gelder illegaler Herkunft erst bei der Strafverfolgung zu bestimmen ist.

Es ist an eine durchaus realistische Situation zu denken, in der etwa ein Handy gestohlen, dann verkauft und das erhaltene Geld auf ein Girokonto verbucht wird. Ist es möglich, gegen diesen Täter wegen Geldwäsche ein Verfahren einzuleiten, insbesondere obwohl das Delikt des bloßen Diebstahls nur ein Vergehen ist, das gemäß Art. 264 des Strafgesetzbuches mit einer Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren geahndet wird? Die Rechtsprechung berücksichtigt diesen Aspekt nicht.

Zumal die bisher vor Gericht gebrachten Straftaten oft mit Finanzkorruption verbunden waren, deren finanzieller Erlös weit bedeutender war. Mangels einer diesbezüglichen Stellungnahme der Rechtsprechung wäre es jedoch möglich, sich auf einen wichtigen Verfahrensgrundsatz zu berufen, nämlich die Angemessenheit der Rückverfolgbarkeit gemäß Artikel 30 der Strafprozessordnung, die es der Staatsanwaltschaft erlauben würde, die Strafverfolgung wegen Geldwäsche auch bei geringen Beträgen aufzunehmen. Dabei ist es jedoch wichtig, vernünftig vorzugehen, um die Gerichte nicht mit Fällen von geringen Summen zu überlasten.

3. Tathandlung  

Normalerweise kann dieses Verhalten zwei Formen annehmen, die erste ist positiv definiert, d. h., etwas zu tun, das zu unterlassen ist, wohingegen die zweite negativ definiert ist, d. h., etwas zu unterlassen, das zu tun ist. Die Tathandlung bei Geldwäschedelikten nimmt jedoch stets eine aktive Form an, die darin besteht, das Geld illegaler Herkunft zu einem legalen Erwerb zu deklarieren und in den Wirtschaftskreislauf einzuführen.

Dies geschieht, indem der Täter eine der in Absatz 1 oder Absatz 2 des erwähnten Artikels genannten Handlungen durchführt. Die Handlungen sind nach außen hin erkennbar und erzielen eine gewisse Wirkung (Mohamed Kammoun, ebd., S. 87). Das heißt, der Gesetzgeber unterscheidet zwei verschiedene materielle Aspekte der Straftat: zum einen die falsche Deklarierung der illegalen Geldquelle (Absatz 1) und zum anderen die Bewirtschaftung dieser Gelder (Absatz 2).

3.1 Falsche Deklaration der illegalen Geldquelle:

Dieses Verhalten spiegelt sich in der Fälschung von Tatsachen wider. Der Gesetzgeber bestimmt, dass diese Deklaration auf jede erdenkliche Weise erfolgen kann. Dieser Ansatz erscheint sinnvoll, da die eingesetzten Mittel unterschiedlich sein und sich stetig weiterentwickeln können.

Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund der Digitalisierung und der Einführung moderner Kommunikationsmittel einerseits. Andererseits wird durch die allgemeine Formulierung durch den Gesetzgeber auch eine höhere Effizienz bei der Bekämpfung von Geldwäschekriminalität erreicht. Der tunesische Gesetzgeber hat diesen Ansatz seit dem Gesetz von 2003 beibehalten (Hafez al-Abidi, ebd., S. 14). Allerdings scheint der Begriff „falsche Deklaration“ im tunesischen Rechtssystem neu zu sein.

Er erinnert zunächst an die Handlungen bei Betrugsdelikten, bei denen eine Tatsachenfälschung durch Täuschung und Entstellung der Realität durch das Evozieren von Hoffnungen auf nicht Existierendes oder Utopisches stattfindet. Der Unterschied zwischen beiden Delikten besteht im Zeitpunkt der Tatsachenfälschung: Beim Betrug findet diese vor Erhalt des Geldes statt, während sie bei Geldwäschedelikten nach Erhalt des Geldes erfolgt.

Obwohl beide Straftaten rein materiell betrachtet auf Täuschung beruhen, schränkt der Gesetzgeber beim Geldwäschedelikt die Mittel zur Fälschung von Tatsachen nicht ein, solange eine falsche Deklaration von Geldern stattfindet, die aus kriminellen Handlungen stammen.

Der erwähnte Vergleich der beiden Delikte findet seine Bedeutung in der von der Rechtsprechung aufgeworfenen Frage nach der Art und Weise, in der die Verdunklungsmethoden kriminalisiert werden. Es stellt sich die Frage, ob der Täter auch wegen einer Handlung zur Rechenschaft gezogen werden kann, die dazu dient, die Herkunft von Geldern als legal zu deklarieren, wie etwa, wenn es sich um Täuschung durch Urkundenfälschung handelt.

Der Gesetzgeber befasst sich weder im Gesetz von 2003 (Hafez al-Abidi, ebd., S. 15) noch im Gesetz von 2015 mit diesem Problem. Ein Teil der Rechtsprechung verwies insbesondere im Lichte des alten Terrorismusgesetzes auf die Umsetzung der allgemeinen Normen des Strafrechts in Bezug auf die Begehung von Straftaten. 

Beide Gesetze sahen die Möglichkeit vor, sich auf diese Vorschriften zu berufen, sofern sie nicht zu dessen Bestimmungen im Widerspruch standen.[18] Allerdings hat sich die Rechtsprechung in dieser Hinsicht weiterentwickelt, indem sie von der Voraussetzung abgewichen ist, dass die ursächlichen Mittel kriminellen Charakters sein müssen,[19] und ist nun dazu übergegangen, dass diese Mittel nicht krimineller Natur sein müssen, da der Grund für die Kriminalisierung bei Geldwäschedelikten einerseits die illegale Geldherkunft (Mohamed Kammoun, ibid., S. 134) und andererseits das Ziel des Täters sei, diese Gelder als legal zu deklarieren.[20] Diese letzte Auffassung wird als dem Willen des Gesetzgebers am nächsten angesehen, da er den kriminellen Charakter der Mittel nicht erwähnt.

3.2 Verfügung über Gelder illegaler Herkunft

Der Begriff „Verfügung über illegale Gelder“ wurde eingeführt, da er umfassender ist als der Begriff „Verwaltung der genannten Gelder“ und der Gesetzgeber den Begriff „Verwaltung“ als nur eine Möglichkeit der Verfügung über diese Gelder nennt.

Die im zweiten Absatz erwähnte Handlung der „Verwaltung“ unterscheidet sich von dem im ersten Absatz, wie an der Formulierung „berücksichtigt“ zu erkennen ist. Dies deutet darauf hin, dass der Gesetzgeber von einer weiteren Art von kriminellem Verhalten ausgeht, zumal der Begriff „Verwaltung“ nicht in der Definition des Geldwäschedelikts im ersten Absatz vorkommt.

Der Grund dafür ist, dass der Gesetzgeber dieses Verhalten angesichts der Rechtswidrigkeit des Geldes strafbar gemacht hat, denn an sich stellen diese Handlungen keine Straftat dar.[21] Zweitens bestimmt der Gesetzgeber, dass das in Absatz 2 als Geldwäschedelikt kriminalisierte Verhalten darin besteht, über die Gelder nach den oben genannten Methoden zu verfügen, mit dem Ziel, die Werte zu hinterlegen, zu verbergen, zu verschleiern, sie zu verwalten, zusammenzuführen oder zu verwahren, oder die Begehung dieser Taten zu versuchen, sich daran zu beteiligen, dazu anzustiften, sie zu erleichtern oder zu unterstützen. Der Wortlaut im zweiten Absatz erfordert eine Reihe von Anmerkungen:

Erstens hat der Gesetzgeber diese Straftat nicht aus dem ersten Absatz des Artikels entfernt, da sich die Tat nur im Umgang mit den illegal bezogenen Geldern unterscheidet. Dies liegt daran, dass der Gegenstand beider Verhaltensweisen derselbe ist, es geht jeweils um Vermögen illegaler Herkunft gemäß der Definition im ersten Absatz.

Zweitens zielen alle im zweiten Absatz aufgezählten Handlungen darauf ab, illegal beschaffte Gelder in den Wirtschaftskreislauf zu integrieren, um Gewinne zu erzielen. Die Rechtsprechung nennt als Beispiel das Zusammenlegen mit Geldern legaler Herkunft, um deren Herkunft zu verschleiern (Hafiz Al-Abidi, ibid., S. 15).

Allerdings hängt das Problem damit zusammen, in welchem Ausmaß der Gewinn bei Geldwäschedelikten bekannt ist, wie etwa, wenn Gelder zusammengelegt oder zu Spendenzwecken hinterlegt werden. Die Rechtsprechung schließt das Vorliegen eines Geldwäschedelikts in dieser Form aus, obwohl der Gesetzgeber dies nicht ausdrücklich vorsieht. (Hafez al-Abidi, ebd., S. 15).

Drittens kann die Verschleierung von Geldern illegaler Herkunft in zwei Formen stattfinden: die physische Verschleierung, bei der die Gelder im Besitz des Täters verbleiben, der sie jedoch verbirgt, und die rechtliche Verschleierung, bei der der Täter unbekannt bleibt und die Gelder in den Besitz eines Strohmannes übergehen (Hafiz Al-Abidi, ibid., S. 16).

Viertens muss das kriminelle Verhalten des Geldwäschedelikts, das im zweiten Absatz von Artikel 92 des Gesetzes Nr. 26 von 2015 „berücksichtigt“ ist, nicht aus einer der vom Gesetzgeber aufgezählten Handlungen bestehen. Vielmehr kann es jede Handlung sein, die darauf abzielt, Geld zu waschen, dies zu erreichen, zu versuchen oder sich daran zu beteiligen. Ein Beispiel hierfür ist der physische Transfer von Geldern illegaler Herkunft.[22]

Fünftens gilt „jede vorsätzliche Handlung, die darauf abzielt, Gelder zu investieren, die direkt oder indirekt aus den im vorigen Absatz genannten Straftaten stammen, oder auf deren Hinterlegung, Verschleierung, Verdunklung, Verwaltung, Zusammenlegung oder Hinterlegung abzielt“, als Vortat, selbst wenn sie von einer anderen Person als dem Täter des Geldwäschedelikts begangen worden ist. Dies entspricht jedoch nicht dem, was einige Gerichtsurteile als eine Form der Beteiligung ansahen.[23]

Sechstens: Es fällt auf, dass der Gesetzgeber in diesem Absatz weitere Taten hinzugefügt hat, die in Artikel 62 des Gesetzes von 2003 nicht enthalten waren. Diese bezeichnet er als „Verschleiern“ der Gelder oder formuliert: „die Begehung dieser Taten zu versuchen, sich daran zu beteiligen, dazu anzustiften, sie zu erleichtern [...].“

Die Handlung der Tarnung ist eine Tatsachenfälschung, die wiederum als falsche Deklaration der Herkunft der Gelder gilt. Dies wirft die Frage auf, wozu diese Handlung in Art. 92 Abs. 2 des Gesetzes von 2015 gesondert aufgeführt wird. Tatsächlich ist es so, dass der Ausdruck falsche Deklaration der Herkunft der Gelder die Tarnung miteinschließt.

Im Gegensatz zu Art. 92 Abs. 1 hat der Gesetzgeber in Abs. 2 den Versuch und die Beteiligung unter Strafe gestellt. Der Wortlaut wirft die Frage auf, ob die allgemeinen Vorschriften über die Strafbarkeit des Versuchs und der Beteiligung aus den Artikeln 32 und 59 des Strafgesetzbuches ausgeschlossen werden sollten.

Diese Frage wurde bereits im Zusammenhang mit dem Gesetz über die Beteiligung von 2003 kontrovers diskutiert, da Artikel 62 dieses Gesetzes die Strafbarkeit der Hilfeleistung bei einer Handlung zur Verfügung über illegales Vermögen vorsieht. Wie das Gericht erster Instanz in Tunis festgestellt hat, wird der am Geldwäschedelikt Beteiligte gemäß den allgemeinen Bestimmungen zum Beteiligungsdelikt des Art. 32 Strafgesetzbuch strafrechtlich verfolgt.[24]

Die Rechtsprechung hingegen ist der Ansicht, dass der Gesetzgeber die in diesem Artikel genannten Taten des Versuchs und der Teilnahme als eigene Straftaten auffasst. Diese Position erscheint logisch, da der Umgang mit illegalen Geldern an sich keine kriminelle Handlung ist. Vielmehr hängt die Beurteilung des Umgangs mit derartigen Vermögenswerten von der Beschaffenheit des „verschmutzten“ Geldes ab, sodass es nicht möglich ist, darauf aufbauende Taten als Straftaten zu betrachten.[25]

4. Fazit

Dieser Artikel verdeutlicht die Rolle der Rechtsprechung für die weitere Gesetzgebung, da die Gerichte in ihrer Praxis festgestellt haben, dass das alte Geldwäschegesetz wichtige Fragen im Zusammenhang mit den materiellen Elementen der genannten Straftat unberücksichtigt ließ, wodurch Grundprinzipien der fairen Verhandlung betroffen waren. Ein gesetzgeberischer Eingriff war somit notwendig, um die kontrovers diskutierten Punkte kritisch zu prüfen. Die Verabschiedung des Gesetzes von 2015 hat gezeigt, dass oft eine Interaktion zwischen der Legislative und der Judikative notwendig ist.

 

[1] Mahjoub Al-Jabali: Terroristische Verbrechen. Revue de la Jurisprudence et de la Législation, Oktober 2010, S. 315.

[2] Art. 2 des Rahmendekrets Nr. 2011-120 vom 14.11.2011 zur Korruptionsbekämpfung und Art. 2 des Gesetzes Nr. 2017-10 vom 07.03.2017 zur Meldung von Korruption und zum Informantenschutz.

[3] Mohamed Kammoun: Tunesische Jurisprudenz und Antikorruption, 2018, S. 68, verfügbar unter diesem Link: recueil_jurisprudence.pdf (inlucc.tn).

[4] Seit dem ersten diesbezüglichen Gerichtsurteil, dem Strafurteil Nr. 24042 vom 27.02.2012 des Gerichts erster Instanz Tunis. Siehe auch die Revision zum Strafurteil Nr. 46154 vom 10.10.2017 und das Strafurteil Nr. 37876 vom 28.06.2018 des Gerichts erster Instanz Tunis, zit. nach dem bereits erwähnten Artikel von Richter Mohamed Kammoun, S. 77, 130 und 161.

[5] Ein metaphorischer Ausdruck, s. hierzu: Mahjoub Al-Jabali, ebd., S. 317.

[6] Strafurteil Nr. 37876 vom 28.06.2018 des Amtsgerichts Tunis, zitiert im bereits erwähnten Artikel von Richter Mohamed Kammoun, S. 160.

[7] Mohamed Kammoun, ebd., S. 86.

[8] S. Abdul Razzaq Al-Hanini, Geldwäsche und Schmuggel von Erträgen aus Finanz- und Verwaltungskorruption und die Mechanismen zu ihrer Abschöpfung, Revue de la Jurisprudence et de la Législation, Januar 2014, S. 33 f., Muhammad Kammoun, ebd., S. 166.

[9] In Anlehnung an Absatz 2b Art. 6 des Übereinkommens der Vereinten Nationen gegen die grenzüberschreitende organisierte Kriminalität, das verabschiedet und am 15. November 2000 zur Unterzeichnung und Ratifizierung vorgelegt wurde – bekannt als Palermo-Übereinkommen.

[10] Muhammad Kammoun, ebd., S. 166.

[11] Strafurteil Nr. 24042 vom 27.02.2012 des Amtsgerichts Tunis, Strafrevisionsentscheidung Nr. 46154 vom 10.10.2017, erwähnt im Artikel von Mohamed Kammoun, ebd., S. 78 und 130.

[12] S. Kapitel VI der Palermo-Konvention.

[13] Hafiz Al-Abidi: Die Besonderheit der Kriminalisierung und des Verbots der Geldwäsche im tunesischen Recht. Revue de la Jurisprudence et de la Législation, Mai 2011, S. 19.

[14] Ali Kahlon: Das Rechtssystem für terroristische Straftaten und Geldwäsche, Revue de la Jurisprudence et de la Législation, Juni 2017, S. 73.

[15] Art. 2, Rahmenerlass Nr. 2011-120 vom 14.11.2011 zur Korruptionsbekämpfung.

[16] Artikel 3 definiert Vermögenswerte als: „Eigentum aller Art, das auf irgendeine Weise erlangt wurde, materiell oder immateriell, beweglich oder unbeweglich, Einkünfte, daraus resultierende Gewinne, Aktien, Wertpapiere und Staatsanleihen, ob physisch oder elektronisch, die das Eigentum an diesen Vermögenswerten, die Existenz eines Anrechts darauf oder eines davon abhängigen Guts belegen.“

[17] Dieses definiert die Erträge aus Korruption als „Vermögenswerte aller Art, seien sie materiell oder immateriell, beweglich oder unbeweglich, sowie Dokumente und Urkunden, die das Eigentum oder das Bestehen eines Anrechts darauf belegen, das direkt oder indirekt aus der Begehung eines Bestechungs- und Korruptionsdelikts herrührt oder dadurch erlangt wurde, einschließlich der Gewinne und Einkünfte aller Art.“

[18] Siehe Kap. 3 des Gesetzes von 2003 und Kap. 4 des Gesetzes von 2015, Faisal Ajina: Kriminalisierung der Geldwäsche. Skript zur Erlangung des MA in Wirtschaftsrecht, Fakultät für Rechts- und Politikwissenschaften in Tunis, 2009, S. 59.

[19] Ursprüngliches Urteil Nr. 29682 des Amtsgerichts Tunis unter Nr. 29682 vom 14.04.2015 und Berufungsentscheidung Nr. 22954 vom 16.03.2016, s. Artikel von Richter Mohamed Kammoun, ibid., S. 119 und 127.

[20] Zivilurteil des Amtsgerichts Tunis unter der Nr. 37876 vom 28.06.2018.

[21] Muhammad Kammoun, ibid., S. 166, Hafez Al-Abidi, ibid., S. 17.

[22] Strafurteil Nr. 24042 vom 27.02.2012 des Amtsgerichts Tunis, zitiert nach Mohamed Kammoun, ibid., S. 87.

[23] Strafurteil Nr. 24042 vom 27.02.2012 des Amtsgerichts Tunis, zitiert nach Mohamed Kammoun, ibid., S. 84.

[24] S. Urteil des Amtsgerichts Tunis Nr. 24042 vom 27.02.20212, zitiert nach dem Artikel von Mohamed Kammoun, ibid., S. 83.

[25] Muhammad Kammoun, ibid., S. 166, Hafez Al-Abidi, ibid., S. 17.